Besondere Gestaltungen

Nachlassregelungen in besonderen Lebenssituationen

Bei letztwilligen Verfügungen spielt das Verhältnis zu Angehörigen und ein damit einhergehender Versorgungsgedanke grundsätzlich eine große Rolle spielen. Die Nachfolgeplanung kann dabei auch besonderen Lebenssituationen Rechnung tragen.

Regelungen mit Bezug auf das Erbrecht in der Trennungszeit

Im Zusammenhang mit der Trennung und ggf. späteren Scheidung einer Ehe kann es sich empfehlen, die Vermögensauseinandersetzung (eingeschlossen Güterstand und ggf. Zugewinnausgleich), die Unterhaltsansprüche der Eheleute untereinander und den Versorgungsausgleich mit einer Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung verbindlich zu klären.

Die Eheleute können jedoch auch den Fall des Todes eines der Ehegatten vor dem Hintergrund der Trennungssituation in ihre Überlegung mit einbeziehen. Hier geht es vor allem um das Schicksal von letztwilligen Verfügungen (Testamente oder Erbverträge), von Vollmachten insbesondere Vorsorgevollmachten sowie von Verträgen zugunsten Dritter, etwa eine Lebensversicherung mit Bezugsrecht für den Ehegatten. Die Verfügungen können angepasst oder ganz aufgehoben werden:

Einzeltestamente können wegen fehlender Bindungswirkung von jedem Ehegatten allein widerrufen werden.

Gemeinschaftliche Testamente, die wechselbezügliche Verfügungen enthalten (das sind Verfügungen, von denen anzunehmen ist, dass die Verfügung des einen nicht ohne die Verfügung des anderen getroffen sein würde), können gemeinschaftlich aufgehoben werden. Einseitig und mithin allein kann ein Ehegatte seine Verfügungen von Todes wegen zwar widerrufen; der Widerruf wechselbezüglicher Verfügungen muss allerdings notariell beurkundet werden und der Rücktritt muss dem anderen Ehegatten in Urschrift oder Ausfertigung der notariellen Urkunde zugehen.

Erbverträge können ebenfalls gemeinschaftlich aufgehoben werden; ein einseitiger Rücktritt vom Erbvertrag ist abgesehen von den gesetzlich geregelten Sonderfällen §§ 2294 bis 2295) nur möglich, wenn er bei Abschluss des Erbvertrages vorbehalten wurde. Der Rücktritt muss zu Lebzeiten des anderen Ehegatten ebenfalls notariell beurkundet werden und dem anderen wie vorstehend beschrieben zugehen.

Auch das gesetzliche Erbrecht der Eheleute und Pflichtteilsansprüche können ausgeschlossen werden.

Geschiedenentestament

Mit einem sog. Geschiedenentestament möchte der Erblasser sicherstellen, dass nach seinem Tod der Ehegatte und ggf. dessen (nicht gemeinsame) Verwandte keine Ansprüche auf den Nachlass geltend machen können; der Ehegatte soll zudem keinen Einfluss auf den Nachlass nehmen, insbesondere nicht über den Nachlass verfügen können.
Dieses Ziel ist mit einem Testament (oder Erbvertrag), mit dem der Ehegatte beispielsweise die gemeinsamen Kinder als Alleinerben einsetzt und damit den Ehegatten lediglich enterbt, allein nicht zu erreichen. Denn: Stirbt der Erblasser, werden die Kinder zwar Erben. Sind die Kinder jedoch minderjährig, so könnte deren Mutter und mithin die geschiedene Ehefrau als nunmehr allein verbleibender sorgeberechtigter Elternteil grundsätzlich im Rahmen der Vermögenssorge das ererbte Vermögen der Kinder verwalten und darüber verfügen. Es könnte auch passieren, dass ein Kind unverheiratet und ohne eigene Abkömmlinge nachverstirbt und so die Mutter gesetzlicher (Mit-) Erbe wird.
Um dies zu verhindern, kann sich die Errichtung eines sog. Geschiedenentestaments anbieten. Der Erblasser kann bestimmen, dass sich die Vermögenssorge eines Elternteils nicht auf das Vermögen erstreckt, welches dem Kind von Todes wegen zugewendet wird. Sinnvoll ist es, wenn der Erblasser sogleich einen Pfleger vorschlägt, der anstelle des Elternteils dieses ererbte Vermögen verwaltet. Pfleger kann dabei grundsätzlich jede Person sein, die das Vertrauen des Erblassers hat. Weiter kann der Erblasser seine Kinder als sog. Vorerben und beispielsweise deren Kinder (also die Enkelkinder aus Sicht des Erblassers) als Nacherben einsetzen. Dies ermöglicht eine Steuerung der Erbschaft auch über den Tod der bedachten Kinder hinaus und verhindert, dass der geschiedene Ehegatte am Nachlass partizipiert. Alternativ oder zusätzlich kann dies auch durch Anordnung eines sog. Herausgabevermächtnisses erreicht werden. Beide Gestaltungen können gut mit einer Testamentsvollstreckung kombiniert werden. Es ist jedoch zu beachten, dass insbesondere die Vor- und Nacherbschaft die Kinder des Erblassers nicht unerheblich einschränkt und bindet. Regelungen zum Wegfall der Nacherbfolge sollten deshalb nicht fehlen. Es ist auch darauf hinzuweisen, dass diese Gestaltung selbstverständlich nicht zwingend ist für getrenntlebende bzw. geschiedene Ehegatten. Das Risiko, dass der geschiedene Ehegatte am Nachlass beteiligt wird, kann durchaus in Kauf genommen werden, wenn der Wunsch des Erblassers überwiegt, die Kinder als Vollerben einzusetzen und sie nicht zu beschränken und zu binden.

Behindertentestament

Insbesondere wenn behinderte und nichtbehinderte Kinder vorhanden sind, können Eltern über die Abfassung eines sog. Behindertentestaments (oder eines entsprechenden Erbvertrags) nachdenken. Hiermit werden folgende Ziele verfolgt: Einerseits soll dem behinderten Kind ein Lebensstandard ermöglicht werden, der über dem Sozialhilfeniveau liegt. Andererseits soll das von Todes wegen zugewandte Vermögen davor geschützt werden, dass Träger staatlicher Leistungen darauf zurückgreifen und es so aufzehren. Gerade der letztgenannte Aspekt war Gegenstand vieler Gerichtsentscheidungen; im Grundsatz kann gesagt werden, dass entsprechende Gestaltungen von den obersten Gerichten als wirksam und insbesondere nicht als sittenwidrig angesehen werden. Konstruktiv wird dies erreicht, indem das behinderte Kind als nicht befreiter Vorerbe eingesetzt wird; die Nacherbfolge wird in der Regel auf den Tod des Vorerben bestimmt. Nacherben sind entweder die Abkömmlinge des Vorerben oder die anderen Geschwister und deren Abkömmlinge. Zugleich wird für den Anteil des behinderten Kindes am Nachlass Dauertestamentsvollstreckung angeordnet. Der Testamentsvollstrecker verwaltet den Nachlass für das Kind und wird per Verwaltungsanordnung verpflichtet, dem Kind laufend Sach- und Geldleistungen zur Verbesserung der Lebensqualität zuzuwenden. Wenngleich die Gestaltung in Form eines sog. Behindertentestaments von der Rechtsprechung als wirksam angesehen wird, kann es bei sehr hohen Nachlasswerten durchaus zweifelhaft sein, ob die Gestaltung wirksam ist. Auch kann es gerade gewollt sein, dass das behinderte Kind vollständig gleich bedacht wird. Dies könnten Gründe sein, vom Behindertentestament abzusehen.

Testament bei verschuldeten Angehörigen

Der Erblasser kann den Angehörigen enterben. Bei einer Enterbung des verschuldeten Angehörigen steht diesem ggf. ein Pflichtteilsrecht zu. Diesen Pflichtteilsanspruch können Gläubiger zwar pfänden, sie können ihn aber nicht verwerten (BGH NJW 1993, 2876). Der Schuldner entscheidet, ob er den Anspruch gegen die Erben durchsetzen will. Diese Entscheidung bleibt allein dem Schuldner mit Rücksicht auf die familiäre Verbundenheit vorbehalten. Anders verhält es sich aber bei Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 33 SGB II (Hartz IV – ALG II), wenn der Pflichtteilsanspruch automatisch auf den Sozialhilfeträger übergeleitet wird, kann dieser Pflichtteilsanspruch auch vom Sozialhilfeträger geltend gemacht werden (BGH DNotZ 2005, 296).

Soll dagegen der Angehörige nicht enterbt werden, sondern etwas erhalten, so ist in erster Linie an unpfändbare Gegenstände zu denken, etwa die vermächtnisweise Anordnung eines unentgeltlichen Wohnungsrechts, welches nur höchstpersönlich ausgeübt und Dritten nicht zur Ausübung überlassen werden kann. Nicht geklärt ist in diesem Zusammenhang, ob auch unpfändbare Zuwendungen im Restschuldbefreiungsverfahren unter die Herausgabepflicht fallen, wonach Vermögen, dass der Schuldner von Todes wegen erwirbt oder mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht, zur Hälfte des Wertes an den Treuhänder herauszugeben ist. Es kann sich also empfehlen, aus diesem Grund im Zusammenhang mit einem Restschuldbefreiungsverfahren auch von unpfändbaren Zuwendungen von Todes wegen abzusehen. In geeigneten Fällen kann aufgrund der teilweisen Vergleichbarkeit auch eine Gestaltung wie für ein Behindertentestament gewählt werden (Vor- und Nacherbfolge, Testamentsvollstreckung, ggf. Vor- und Nachvermächtnis). Hier ist weiter zu bedenken, dass die Rechtsprechung zum sog. Behindertentestament nicht einfach auf die vorliegende Sachlage angewandt werden kann; es ist durchaus nicht gesichert, ob und inwieweit die Rechtsprechung entsprechende Gestaltungen bei verschuldeten Angehörigen als wirksam erachtet oder nicht.

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